Sonntagsvortrag – VIII. Serie, gehalten vom Meister am 11. Juli 1925
"Worin äußert sich das Leben?" – das ist der Grundgedanke, mit dem ich mich kurz befassen werde.
"Verherrlichung Gottes" – was beinhaltet das eigentlich? Nur das Gesetz der Weisheit kann diesen Begriff erklären. Es ist die Wissenschaft, die Gottes Herrlichkeit aufdeckt, doch die Menschen nutzen ihr erworbenes Wissen zu ihrer eigenen Verherrlichung. Die Folge davon ist Disharmonie. Für mich sind Menschen selbständige Einheiten, die immer nur zwei Möglichkeiten im Leben haben: entweder sie schlagen den richtigen Weg ein, oder sie weichen von ihm ab. Entsprechend kann die Seele als selbstständige Einheit entweder wachsen oder schrumpfen. Im Okkultismus wird dieser Prozess auf verschiedene Art und Weise erläutert. Die westlichen Okkultisten erklären es mit dem so genannten "Wärme-Äther". Als Äther wird eine Substanz bezeichnet, aus der alle Dinge entstehen und in der sie sich entwickeln. "Äth" ist die Urquelle, aus der alles Sein hervorgeht, "Ther" lässt die Dinge auf der Erde wachsen. Äther ist keine dichte Materie. Wärme-Äther, d.h. Urenergie in Aktion, hat mit Liebe zu tun. Folglich bekundet sich in den ersten Lebensäußerungen, hervorgerufen durch die Einwirkung des Wärme-Äthers auf die Materie, die Liebe. Leben tritt also durch Wärme in Erscheinung und so kam der Lebensstrom mit der Wärme zur Erde, um sie zu organisieren.
Im Buch Genesis steht: "Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde." Dieser Lebensstrom ist Gottes Geist, der hinunter kommt um die Dinge zu erschaffen. Bei eurem jetzigen Entwicklungsstand solltet ihr in der Lage sein, das Gesetz des Wärme-Äthers zu verstehen. Es handelt sich um eine Bewegung von außen nach innen. Wenn wir von der Notwendigkeit der Liebe zu anderen Menschen reden, dann meinen wir damit den Wärme-Äther, der von außen kommt. Die Menschen verlangen nach unserer Liebe, sie wollen dich lieben, aber auch geliebt werden. Warum? Liebe ist eine Energie in der Natur, die in Erscheinung treten will. Ihr aber versteht das Gesetz nicht und entstellt die Dinge. Was muss eine Quelle tun, wenn sie sich offenbaren will? Sie muss hervorsprudeln. Sobald das Wasser aus ihr quillt, offenbart sie sich. Genauso ist es beim Menschen. Liebt ein Engel einen Menschen, so seht ihr aus ihm etwas hervorquellen – eine flüssige Substanz im Gegensatz zu euer?r Liebe, die zäh ist. Auch aus euch quillt etwas hervor, wenn ihr jemanden liebt. Und wenn euch in diesem Moment ein Engel sieht, der von einer langen Reise zurückkehrt, wird er meinen: "Bei dieser Quelle werde ich ein wenig ruhen." Mit seinem Becher wird er von eurem Wasser schöpfen und richtig beurteilen, ob eure Quelle gut oder schlecht ist. So ist es nun einmal: Wenn sich die Menschen in der physischen Welt lieben, gibt es unter ihnen rein physische Beziehungen, im Gegensatz zur unsichtbaren Welt, wo das nicht der Fall ist. Dort ist die Liebe eine Quelle. Für euch sind das abstrakte Begriffe. Ihr sagt einfach: Diese Menschen lieben sich. Das stimmt, aber ihr müsst wissen, dass das Leben dem Wärme-Äther entspricht, und wenn man diesen Impuls nicht von außen aufnehmen kann, wie soll sich dann das Leben in uns äußern? Leben von innen ist Ausdruck des Wärme-Äthers von außen. Tritt dein Leben in Erscheinung, dann befindet sich auch dein Lebensäther im Erdzentrum. Dieser Lebensäther erschafft alles. Und damit Leben sich bekunden kann, muss zuerst diese Welle von außen kommen.
Da ich gerade davon spreche: Ihr seid der Erde ähnlich und auch zu euch muss dieser Wärme-Äther von außen kommen, um euer Herz zur Tätigkeit anzuregen. Irgendwann einmal möchtet ihr Liebe empfinden. Das bedeutet, dass aus dem Zentrum eures Herzens, nachdem ihr von außen nach innen den Anreiz bekommen habt, eine andere Regung entstehen muss, um das Leben zu offenbaren. Und daraus folgt, dass jeder, der leben möchte, mit der festen Materie konfrontiert wird. Jeder, der lieben will, muss sich mit ihr auseinandersetzen. Ein Mensch, der mit der festen Materie nicht umgehen kann, kann auch nicht leben. Aus dieser Sicht des Lebens sind Leiden Steine, mit denen ihr eure Zukunft aufbauen werdet. Erst danach kommt das Licht, das ebenso notwendig ist für das Leben wie die Wärme. Auch das Licht ist ein Strom, der "Lichtäther" genannt wird.
All diese äußerlichen Erscheinungen des Lebens haben ihre Ausdrucksform. Sowohl Wärme als auch Licht schaffen gewisse Formen beim Menschen. Genauso ist es mit dem Leben. Jeder Strom schafft spezifische Formen. Sonnenwärme und -licht wirken vor allem stark auf das Gläubigkeitsgefühl des Menschen und auf die Wissenschaft ein. Bewahrt diese Wärme und dieses Licht sorgfältig in euch! Verliert niemals die schwache Wärme, die ihr im Solarplexus habt! Diese Wärme muss es immer in euch geben, ihr braucht sie! Wenn ihr sie besitzt, dann seid ihr unanfechtbar, keiner kann euch etwas anhaben. Verliert ihr sie aber, dann widerfahren euch möglicherweise die größten Übel wie Stürme und Katastrophen. Sie können euch total vernichten und nichts wird von euch übrig bleiben. Bewahrt ihr dagegen diese Wärme, dann kommt auch das Licht und mit ihm auch das Wissen. Also stellen wir Folgendes fest: Der Lichtäther wirkt auf das menschliche Gehirn, der Wärme-Äther auf das Herz ein. Im Herzen des Menschen gehen von außen nach innen eine Reihe von chemischen Prozessen vor sich. Von ihnen hängt ab, wie sich der Mensch verhält, ob so oder so. Lasst euch von den verschiedenen Taten der Menschen nicht irritieren. Die Außenwelt kann sich daran stören, ihr aber nicht. Ihr müsst wissen: Egal in welche Richtung sich der Mensch auch betätigt, alles passiert zur Verherrlichung Gottes. Denn eure Versäumnisse und Fehler sind Gelegenheiten zur Weiterentwicklung von Wesen, die fortgeschrittener sind als ihr. Du machst einen bestimmten Fehler, aber diese für dich unsichtbaren Wesen benutzen ihn, um eine große Tugend daraus zu erschaffen. Alles in der Welt ist so geschaffen, dass die vernünftigen Wesen jeden eurer Fehler für eine Tugend nutzen können. Aber sagt jetzt nicht: Wenn dem so ist, wenn alles zum Guten geschieht, dann lasst uns Fehler machen. So nun auch wiederum nicht! Nur wenn ihr unbewusst einen Fehler, ein Versäumnis begangen habt, nur dann sollte es euch nicht Leid tun. Ein anderes Wesen wird euren Fehler zum Guten verwenden. Wisset: Auf der Erde werdet ihr Fehler begehen, sie sind unvermeidbar, aber man darf sie nicht absichtlich machen. Die einzige Gefahr seitens der schwarzen Bruderschaft besteht darin, dass sie die Aufgabe haben, dem Menschen einen kritischen Geist einzupflanzen, damit er denkt, er lebe nicht richtig. Wir wissen, dass der Mensch nicht von heute auf morgen ein Heiliger werden kann. Um ein Heiliger zu sein, müssen wir alle Naturgesetze kennen und sogar unsere eigene Zukunft. Da kommt jemand zu mir und meint: Ich bin ein Heiliger. Na schön, dann sage mir meine Zukunft voraus! Wenn er mir die Zukunft nicht vorhersagen kann, dann erwidere ich ihm: Du bist gar kein Heiliger. Ein Heiliger muss die Zukunft der Menschen vorhersagen können. Ein, in seiner Evolution, fortgeschrittener Mensch muss dieses innere Wissen besitzen, er muss die Dinge vorausahnen können. Vorerst lasst ihr euch alle von der Außenwelt beeinflussen. Ihr seid Reflektoren der Außenwelt, von ihrem Licht. Aber ihr müsst wissen, dieses Licht anderer Menschen gehört ihnen, während euer Licht nur euch gehört. Spiegelt ihr nur fremdes Licht wider, so ist das gar kein Licht; nur euer eigenes Licht ist real. Denn sobald das fremde Licht erlischt, verliert ihr es ebenfalls. Habt ihr aber eigenes Licht, dann kann das nicht passieren. Und sollte von außen Licht auf euren Reflektor kommen, so freut euch umso mehr, denn es verstärkt euer eigenes. Doch müsst ihr auch in diesem Fall immer euer eigenes Licht und eure eigene Wärme bewahren.
Nun haben wir den Berg Mussala[1] erstiegen. Hier seid ihr alle sehr gut gelaunt, in Sofia aber seid ihr anders, dort steht ihr euch feindselig gegenüber. Zu euch kommt eine Schwester, aber ihr könnt sie nicht leiden und wollt, dass sie wieder geht. Wo liegen die Ursachen für diese Gefühle? Das sind Kleinigkeiten, alltägliche Dinge, aber die lösen das Problem nicht. Ihr mögt irgendeine Schwester nicht und wollt sie loswerden. Warum? Ich will jetzt diese Sachen zwischen euch nicht bereinigen, sondern meine nur: Solche Situationen existieren auf der ganzen Welt. Ihr mögt jemanden nicht und ein anderer mag euch nicht. Dafür wiederum habt ihr einen anderen Menschen sehr gern. Es passiert, dass ihr jemanden nicht ertragen könnt, doch er besucht euch ständig. Das Gegenteil kommt auch vor: Ihr liebt jemanden und würdet euch wünschen, dass er zu euch käme, aber er meidet euch. Warum ist das so? Das alles geschieht dank der oben genannten räumlichen Ströme. Das Gesetz der Liebe lautet wie folgt: Wenn in mir ein Liebesgefühl entsteht, muss ich unbedingt, da sie von oben, vom Himmel kommt, etwas mitbringen, etwas geben. Gebe ich nichts, so kann ich Liebe nicht äußern. Gott, der uns liebt, gibt uns etwas, wenn er sich offenbart. Auch wir, wenn wir Gott lieben wollen, müssen etwas von uns geben, etwas aufopfern – auch wir sollten von unseren Früchten hergeben, denn Gott will ebenfalls etwas von uns. Wir lesen in der Heiligen Schrift, dass die Juden Gott einst Opfer brachten, aber wir, was überreichen wir? Heute werden keine Opfergaben verlangt. Was sollen wir dann tun, was sollen wir geben? Süße Früchte aus unserem Garten? – Nein, von uns wird verlangt, die Früchte aus dem Garten unseres Herzens auf einem besonderen Tablett aus Gold und Diamanten zu überreichen. Oben bei Gott wird uns ein Engel willkommen heißen und unsere Früchte entgegennehmen. Nun meint ihr sicher: Das ist eine Phantasmagorie. Tatsächlich – diese Dinge überschreiten den Horizont und sind schwer zu verstehen.
Kommen wir nun zu den Fakten, so wie sie sich auf der Erde darstellen. Was macht ihr, wenn ihr jemanden liebt? Die Mutter gibt ihrem Kind zuerst Strümpfchen, dann ein Kleidchen, Mützchen, Hemdchen; bis ins hohe Alter will sie ihm etwas geben und bringt immer wieder ihre Liebe zum Ausdruck. Dasselbe Gesetz tritt in Kraft, wenn sich die Liebe im Sohn oder in der Tochter offenbart.Damit dieses Gesetz auch für uns Realität wird, müssen wir in unserem Bewusstsein immer mit der unsichtbaren Welt verbunden sein. Das aber können wir nur erreichen, wenn wir jemanden von dort kennen und seinen Namen wissen. Wie aber verbindet man sich mit der unsichtbaren Welt? – Im Traum, im Gebet, in Gedanken. Und welche Übersetzer habt ihr dort? Wenn ich in die ferne Vergangenheit zurückblicke, muss ich feststellen, wie oft ihr Möglichkeiten für eure Weiterentwicklung versäumt habt! Ganze Barrikaden, ganze Berge habt ihr mit euren Fehlern vor euch errichtet! Und nun stoßt ihr auf die Fehler eures Lebens. Was ihr einst anderen angetan habt, das müsst ihr heute bewältigen. Deshalb werden jetzt für euch günstige Bedingungen geschaffen, damit ihr euren Weg ebnen könnt. Euer jetziger Lebensweg ist eine wunderbare Möglichkeit, mit allen existierenden Widersprüchen ein für allemal Schluss zu machen. Das könnt ihr durchaus schaffen, denn die Widersprüche sind nicht groß.
Jetzt, bei der Betrachtung dieser Frage, sollte sich jeder in einen Kreis stellen. Jeder von euch hat einen bestimmten Wirkungskreis, einen Tätigkeitsbereich. Auch jeder Gedanke hat seinen Wirkungsbereich, außerhalb dessen er sich nicht äußern kann. Wollt ihr beispielsweise, dass euch ganz Bulgarien zuhört, wenn ihr singt? Die Zeit kommt noch, wo man euch wie im Rundfunk hören wird. Für alle Dinge wird es ein spezielles Instrument geben. Wenn dieses Instrument die Luft ist, dann wird es ein heftiges Geschrei geben! Wie stark muss dieser Laut sein, damit er in ganz Bulgarien zu hören ist? Unter den heutigen Bedingungen muss ein Laut sehr stark sein, um einen weit entfernten Ort zu erreichen, denn während er sich durch die Luft verbreitet, verliert er an Lautstärke. Nach Jahren werden die Menschen ihre inneren Fähigkeiten so weit entfaltet haben, dass irgendwo gesprochene oder gesungene Laute durch den Äther auf große Entfernungen übertragen und von den Menschen aufgenommen werden können. Der Schall wird ungehindert die Luft durchdringen. Wenn ihr beispielsweise in Varna singt, so wird man eure Stimme überall vernehmen können.
Ihr werdet also den Wärme-Äther studieren, der mit der Liebe in Zusammenhang steht. Ihr werdet das Licht oder den Lichtäther studieren, der mit dem Glaube und der Weisheit in Verbindung steht. Ihr werdet euch mit dem chemischen Äther befassen – den Willensprozessen der menschlichen Seele, dem Wasser. Die alten Alchemisten und Okkultisten führten folgende Einteilung ein: Die Erde, das ist das Leben; das Wasser ist mit den chemischen Prozessen verbunden; das Licht ist Symbol für Luft und Wärme, für Feuer. Man muss diese Elemente – Erde, Wasser, Luft, Feuer, Licht und Wärme beherrschen. Der Mensch muss selbst Feuer entfachen können. Ist dein Herz von innen kalt, dann solltest du in der Lage sein es selber zu erwärmen und nicht auf Wärme von außen warten. Darauf werdet ihr erwidern: Gott soll es tun! Das ist ja Gott, der in uns wirkt! Er kann alles allein machen, aber er will uns dazu bringen, dass wir selbst auf uns einwirken. Er will, dass wir lieben lernen. Somit studiert ihr eine großartige Kunst. Wenn ihr Feuer habt und damit umgehen könnt, dann könnt ihr euch auch in die Hölle begeben. Ein Mensch, der über das Wasser nicht walten kann, ein Mensch, der über die Luft nicht walten kann, ein Mensch, der über das Licht und die Wärme nicht walten kann, der kann gar nichts. Das alles sind Möglichkeiten, die den Menschen als solchen betreffen. Wenn er sie aber nicht benutzt, dann vollbringt er soviel wie ein Fisch. Der lebt im Wasser ohne es zu beherrschen. Solch ein Mensch schafft so viel wie ein Maulwurf. Der lebt unter der Erde, hat aber keine Macht über sie. Und die Vögel, was haben sie vollbracht? Sie leben in der Luft, aber sie haben keine Macht über sie und damit haben sie auch noch nichts erreicht. Sie sind ohne Kultur. Und wenn wir jene betrachten, die sich mit dem Feuer beschäftigen, sehen wir, dass sie es ebenfalls nicht beherrschen. Im Gegenteil – sie sind große Brandstifter: Zum Beispiel setzen sie ein Haus in Brand oder entzünden eine Bombe, die zu einem großen Erdbeben führt, und suchen schließlich das Weite. Unsere Häuser werden zerstört, wir leiden, sie aber lachen sich eins und feiern. Deshalb solltet ihr diese Kräfte erforschen, doch Vorsicht, es besteht die Gefahr, dass ihr nicht in der Lage sein werdet, die euch enthüllten Geheimnisse vernünftig anzuwenden.
Ich sage euch: Wenn ihr einen Menschen antrefft, lenkt eure Aufmerksamkeit nicht auf seine Schwächen, sondern auf seine Tugenden. Ihr dagegen sagt: "Ich hielt dich für einen Freund, aber du hast diese und diese Schwächen." Um aber einen Menschen verstehen zu können, sollten wir uns auf seine Tugenden konzentrieren, weil die negativen Seiten eines guten Menschen nur ein Schatten seines Lebens sind. Nur ein wirklich guter Mensch kann Schatten in seinem Leben werfen, nur er kann das Schlechte offenbaren. Gehen die Wölfe etwa zu einem Schäfer, der keine Schafe hat? Wo es Schafe gibt, dort gibt es auch Wölfe und Bären. Vermehren sich auf einem Verstorbenen etwa Läuse? Hat jemand Läuse oder Flöhe, so wisset- dieser Mensch lebt. Wo lassen sich die Läuse nieder? Bei den Lebendigen. Ich sage euch: Euer Charakter muss so edel werden und euer Herz so offen, dass jeder, dem ihr begegnet, spüren kann, wie Leben und Frische aus euch strömt. Innere Fülle und Güte sollen mühelos in euch walten, eure Handlungen sollen natürlich und göttlich sein. Ihr müsst eurem Wesen nach gut sein, völlig unbeabsichtigt. Selbst wenn ihr es wolltet, könntet ihr doch nicht anders als gut sein. Und wenn ihr keine gute Tat vollbringen wollt, so könnt ihr doch nicht anders handeln. Solche Menschen nenne ich gut.
Das Wichtigste für euch ist etwas von diesem Ausflug zum Mussala mit nach Hause zu nehmen. Was wird euch von diesem Tag in Erinnerung bleiben? Werdet ihr euch an den Ausflug erinnern, wenn ihr 60-70 Jahre alt seid? Darauf könntet ihr erwidern: "Lasst uns jetzt in Ruhe, was hat das mit unseren grauen Haaren zu tun?" Doch wo bleibt dann euer Glaube? Ihr dürft nicht älter werden, ganz im Gegenteil, ihr müsst von Tag zu Tag jünger werden. Ihr dürft nicht sterben, sondern müsst jeden Tag neu auferstehen. Ständig sollt ihr in Freude leben! Und wenn ihr ins Jenseits kommt, dann besteigt ihr auch dort den Gipfel Mussala, nur dass ihr ihn dort in einer anderen Form sehen werdet. Wichtig ist, dass wir diesen Ausflug machen, weil wir gewisse Aufgaben auf der Erde haben, die gelöst werden müssen. Jedes Besteigen des Mussala gibt uns einen Impuls. Hier stehen wir auf der höchsten Position und keiner kann uns aufhalten. Unser Elan ist so groß, dass wir von jedem beliebigen Punkt aus diese Position erreichen können. Wir befinden uns auf einer Höhe, wo die schwarze Loge machtlos ist, sie kann uns nichts antun und wir können überall unseren Weg bahnen. Wären wir aber zurückgegangen, ohne den Gipfel zu besteigen, dann hätten wir diese Position aufgeben müssen wie Kuropatkin[2] und wie die Deutschen bei der Blockade in Verdun[3].
Jeder von uns muss Elan haben! Ihr alle habt einen Fehler – euch fehlt der Schwung! Ein Ideal müsst ihr haben! Lässt man sich von der geringsten Schwierigkeit aufhalten, dann hat man keinen Elan, es fehlt einem der Schwung. Wenn man aber Schwungkraft hat, dann ist man wie die Vögel – man kommt und geht. Mit Schwung und Ideal kann einen selbst der Teufel nicht aufhalten.
Das hohe Ideal – der Drang nach Gott – bringt also Wärme mit sich. Wie ihr seht, herrscht selbst hier auf dem Berg Mussala, in dieser Höhe von 2927 m, eine Temperatur von 22 Grad. Wofür spricht diese Wärme rein physisch gesehen? Beim Addieren von 2 und 2 bekommen wir die Zahl 4 – die stärkste Zahl am höchsten Ort! Das Feuer dieser Energien und Kräfte wirken in einem Quadrat. Alles was dort hineingerät wird zerstört. Hier haben wir es also mit dem Quadrat des Lebens zu tun. Bei einer Temperatur von 22 Grad ist das Leben imstande alle möglichen Hindernisse auf seinem Weg zu vernichten. Auch die hiesige Natur zeugt davon, denn alles auf dem Mussala ist zerstört. Diese Zahl entspricht also dem Gipfel. Das hebräische Alphabet enthält ebenfalls 22 Buchstaben. Die Juden deuten ihre ganze Philosophie nach der Kabbala.
Nun also: Alle selbständigen Einheiten leben für die Gesamteinheit. Diese Gesamteinheit ist Gott, mit dem wir alle in Verbindung stehen. Alle unsere Ideen werden von ihr korrigiert. An Gott denken wir immer, aber er ist uns nicht bewusst. Das muss auch nicht sein. Doch in uns ist eine heilige Idee lebendig. Wenn wir an einem bestimmten Punkt angelangt sind, korrigieren wir unsere Fehler immer dank dieser Idee. Was da unsere Fehler korrigiert, das ist Gott. Er sagt zu einem: " Mach das nicht!" und man akzeptiert es frohen Herzens. Ein anderes Mal sagt er: "Lehne das nicht ab!" und man akzeptiert es wiederum. Jeder wird von Gott korrigiert. Manchmal weint man bis Gott zu einem kommt – er schaut uns an, nimmt uns bei der Hand und im Nu sind wir von allen unseren Qualen befreit.
Wir werden jetzt nicht von euren Schwierigkeiten sprechen – sie sind ein Segen für euch. Und damit ihr wisst: Ihr werdet sie ertragen müssen, denn von euren Leiden werden wir euch nicht befreien. Damit würden wir euch nur das größte Übel zufügen. Wir geben euch das Wissen und die Möglichkeiten, diese Schwierigkeiten zum Guten zu wenden. Gerade in den Hindernissen steckt euer ganzer Reichtum. Jemand meint: Würde mich doch der Herrgott von diesen Leiden befreien! So darf man das nicht sagen. Richtet folgende Bitte an ihn: "Gott, gib mir Wissen, damit ich die Schwierigkeiten meines Lebens bewältigen kann!" Ihr habt spezifische Schwierigkeiten, die ihr mit niemandem teilen könnt. Ein Arzt ist vonnöten! Wenn du ein Händler bist, der bankrott ist, und davon einem anderen Händler, deinem Konkurrenten erzählst, dann bist du verloren. Red?st du aber mit einem Freund darüber, der dich liebt und sich in deine Lage versetzten kann, dann bekommst du einen Rat mit dessen Hilfe du aus der Sackgasse herausfindest. Schon in der Schrift steht: "Deine Last bürde nur dem Herrgott auf!" Man kann seine Last nur jemandem aufbürden, der einen liebt oder den man liebt. Liebst du ihn, dann nimmt er deine Last entgegen, sobald du mit ihm in Verbindung getreten bist. Doch wenn du ihn nicht liebst und er dich auch nicht, so wird er sich deine Last nicht aufbürden.
Der Nebel um uns zeigt, dass die Welt dieses Jahr große Schwierigkeiten überwinden muss. Die Weltmenschen werden von einem sehr dichten Nebel umhüllt sein, mit dem sie fertig werden müssen, und zwar das ganze Jahr über. Am höchsten Ort aber, auf dem Mussala, wird es Wärme und viel Kraft geben. Im Nebel verstecken sich Kräfte. Was auch auf euch zukommen sollte – habt keine Angst! Seid tapfer und entschlossen. Ihr seid Träger einer heiligen Idee. Selbst wenn man euch zehnmal ins Feuer wirft, fürchtet euch nicht, ihr werdet nicht verbrennen. Wie Daniel werdet ihr sein, den man in die Löwengrube warf. Haben ihn die Löwen gefressen? Wie die drei Jünglinge werdet ihr sein, die in den Glutofen geworfen wurden. Verbrannten sie etwa? Wie Christus am Kreuz werdet ihr sein. Starb er etwa? Blieb er im Grab? Wie viele Heilige hat man vergraben und später waren sie nicht mehr aufzufinden. Weder die Erde kann sie halten, noch ein Gefängnis. Ein Engländer war mit der Universellen Weißen Bruderschaft und dem Wissen der indischen Jogis vertraut, aber der englischen Regierung ein Dorn im Auge. Deshalb wurde er in Indien eingesperrt und Wächter wurden aufgestellt, um ihn zu bewachen. Als man am Morgen ins Gefängnis ging, entdeckte man, dass er verschwunden war. Ein zweites Mal wurde er gefangen und eingesperrt. Diesmal bewachten ihn zehn Leute, aber er verschwand wieder. Schließlich schrieb er ihnen folgenden Brief: "Ihr seid nicht in der Lage mich einzusperren. Lasst mich in Ruhe und geht eurer Wege! Ich bin nicht gegen die Gesetze, aber auch ich habe gewisse Rechte und deswegen lasst mich meiner Wege gehen. Denkt nicht, ihr könntet mich einsperren." In diesem Glauben ist die Kraft dieses Menschen. Dasselbe könnte auch mit euch geschehen, aber Glaube wird verlangt. Man kann euch so oft man will einsperren, Gott aber wird euch aus dem Gefängnis befreien. Das ist ja das Schöne in der Welt! Hätte doch jemand von euch diese Erfahrung gemacht: mit zehn Wächter um sich herum eingesperrt zu sein und trotzdem freizukommen, Herr seiner Lage zu sein. Auch ihr habt Glauben, aber es fehlt noch viel, um ihn zu festigen! Ihr besitzt Wissen, aber wie viel müsst ihr noch erlangen! Ihr habt Tugenden, aber an ihnen muss noch viel gearbeitet werden. Eure Weisheit, eure Rechtschaffenheit, euer Erbarmen müssen und können verstärkt werden. Ihr habt die besten Bedingungen all diese Tugenden weiterzuentwickeln.
Nun rede ich nicht über irgendeine Philosophie, weil man so etwas auf dem Mussala nicht behandeln kann, sondern ich gebe denjenigen, die mir jetzt zuhören, praktische Anweisungen. Mussala ist nur ein Platz, wo man Erfahrungen sammelt. Ich lasse euch jetzt mindestens eine Stunde auf dem Gipfel, damit ihr euch hinlegt, denn in dieser Zeit lernt ihr dreimal mehr, als wenn ich euch einen Vortrag halten würde. Das Erste was ihr tun müsst, wenn ihr vom Berg herunterkommt, ist Folgendes: Denkt intensiv an Gott und sprecht aus: "O, Herr, da wir diesen Weg gehen und dir dienen wollen, so schicke uns etwas Wärme, damit wir sie fühlen! Ich bin bereit meine Leiden zu ertragen, aber gib mir ein bisschen Wärme, damit ich sie fühle!" Verlangt nicht große Dinge von Gott! Ihr wollt immer viel von Gott und verliert dabei auch das Wenige, nach dem ihr verlangen müsstet. Wenn dieses bisschen Wärme kommt, wird sie Neues in euer Leben bringen. Das Gesetz lautet: Willst du etwas von Gott, so verlange nach ein bisschen Wärme! Das ist die erste Erfahrung, die erste Aufgabe. Nachdem du die Wärme gespürt hast, sage: " Herr, gib mir ein wenig Licht, damit ich es fühle!" Und sobald du das ausgesprochen hast, wird in deinem Verstand ein Lichtlein aufleuchten. In der Mitte deines Gehirns wirst du das weißliche Licht bemerken. Klein wie ein Stecknadelkopf wird es sein. Somit habt ihr zwei Möglichkeiten: die Wärme und das Licht. Erst dann beginnt mit dem Leben. Die Wärme wirkt auf das Leben ein und das Licht auf die Chemie und Religion. Dann werdet ihr kühn und entschlossen werden. Also müsst ihr früh nach dem Aufstehen zwei Dinge von Gott verlangen.
Nachdem ihr die eine, zweite, dritte Methode angewandt habt und schließlich vor einem Problem steht, sagt: " Gott, gib mir ein wenig Wärme, gib mir das kleine Licht!" Sobald ihr sie gespürt habt, sprecht aus: "Herr, alles geschehe zu deiner Verherrlichung!" Kommen erneut Leiden und Schwierigkeiten, sagt nochmals: "Herr, alles geschehe zu deiner Verherrlichung!" Zu allem, was in eurem Leben passiert, sagt: "Gelobt sei Gott!" Das wird euer Gewinn vom Mussala sein. Und wenn man euch fragt, was ich euch auf dem Gipfel gesagt habe, antwortet: Alles geschehe zur Verherrlichung Gottes! Das ist die Zusammenfassung von allem, was ich euch auf dem Mussala gesagt habe: " Alles geschehe zur Verherrlichung Gottes!"
Wir lernen jetzt von der geringsten Wärme, die in uns existiert, und von dem kleinsten Licht, das sich in uns äußern kann. Wärme und Licht!
Das ganze Jahr über achtet auf Folgendes: Alles geschieht zur Verherrlichung Gottes! Wenn wir nächstes Jahr wieder hier sind, werde ich euch sagen: Los, zeigt mir euer bisschen Wärme und euer kleines Lichtlein!
Jetzt machen wir eine Übung. Stellt euch in einem Abstand von mindestens einem Meter voneinander auf, wendet euch nach Süden und sprecht die Formel aus:
"Möge in der Welt die Tugend regieren und sich alle schlechten Gedanken zerstreuen!"
Dann wendet euch nach Osten und sagt Folgendes:
"Möge in der Welt die Gerechtigkeit Gottes regieren und jedes Unrecht aus unserem Leben verschwinden!"
Wendet euch jetzt nach Norden und sprecht die Formel aus:
"Möge die Wahrheit Gottes in unserem Leben regieren und jedes Joch aus unserer Seele verschwinden!"
Und jetzt wendet euch nach Westen und sagt die Formel:
"Möge die Weisheit Gottes in allen Taten unseres Lebens regieren und das Unheil aus unserem Weg verschwinden!"
Wendet euch wieder nach Osten und sprecht Folgendes aus:
"Möge Gott über alles walten und gelobt sei sein Name in all seiner Liebe, Weisheit und Wahrheit!"
"Möge Gott in seiner Liebe, in seiner Weisheit und in seiner Wahrheit regieren!"
"Und mögen wir alles zur Verherrlichung Gottes auf Erden vollenden!"
Amen!
[1] Mussala – der höchste Gipfel auf der Balkanhalbinsel, 2927 m
[2] Kuropatkin – russischer General, nicht besonders talentiert, der 1881 als Oberst gegen die Turkmenen kämpfte und Aschhabad eroberte.
[3] Verdun – Stadt im Osten Frankreichs. Während des I Weltkriegs wurde sie innerhalb von 10 Monaten von deutschen Truppen belagert. Die harten deutschen Attacken konnten die französische Verteidigung aber nicht brechen.
Aus dem Bulgarischen übersetzt von Stanislava Stefanova
Lektorat: Angelika Todorov
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