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 Die Erscheinung Des Heiligen Geistes

„In einem jeglichen offenbaren sich die Gaben des Geistes zu gemeinem Nutzen." (Kor. I, 12 : 7)

Es gibt viele Fragen, mit denen sich die Menschheit beschäftigt, Fragen, mit denen sich die Menschheit auch in der Vergangenheit beschäftigt hat; solche Fragen wird es auch in Zukunft geben. Ich gebe euch eine kurze Definition von dem Begriff "Geist": Viele Menschen haben einen sehr dunklen Begriff vom Geist. Sogar im Kopf der Menschen, die reiche Kenntnisse besitzen, bleibt dieser Begriff im Dunkeln. Ihr werdet fragen: „Wie ist es möglich, gebildet zu sein, und dennoch einen dunklen Begriff vom Geist zu haben?“ Ich sage: Es ist sehr natürlich. Wenn ihr blind wäret und vor euch ein Gemälde stünde, hättet ihr auch einen dunklen Begriff davon. Es ist also durchaus möglich, daß der Begriff "Geist" auch für den gelehrten Menschen dunkel bleibt. Diese Frage untersuchend müssen wir folgendes in Betracht ziehen: Verfügen wir wirklich über die entsprechenden Gefühle und Fähigkeiten, die es uns erlauben, das Ding an sich zu erkennen? Wir können uns zwar direkt oder indirekt einen Begriff von der Welt und ihren Einrichtungen machen, aber unsere Vorstellungen werden sich sicher in dem einen oder anderen Fall unterscheiden. Ich gebe euch eine kurze Übersetzung von dem Wort "Geist" (in altbulg. Schreibw.: Dúxß, sprich: Duch): Im Bulgarischen hat dieses Wort vier Buchstaben. Wenn wir den Buchstaben "D" nehmen, sehen wir, daß er drei Winkel, und unter dem Buchstaben ein "p" (p) bildet; die drei Winkel zeigen die Dreieinigkeit Gottes, die drei Kräfte, die sich äußern. Der Buchstabe "ú" - die zwei Finger: Zeige- und Mittelfinger, die dabei nach oben gerichtet sind, zeigt, daß die menschliche Hand etwas arbeitet. Der Buchstabe "x", das Kreuz, ist die Erscheinung jener Kraft, die in vier Richtungen wirkt: Die beiden Linien, die eine, die nach oben geht, und die andere, die sie durchkreuzt, symbolisieren die Erscheinung des Menschen, d.h. die zwei Kräfte, die in verschiedene Richtungen führen und sich kreuzen. Wenn wir mit einem Finger nach oben zeigen, zeigen wir auf Gott, und wenn es mit dem Menschen zu einem Zwiespalt kommt, so ist das der andere Balken des Kreuzes. Das bedeutet, daß Der Geist hinuntergeht und sich diesem Widerspruch zwischen Gott und Seinen Kindern annimmt. Der Buchstabe "ß" bedeutet die Ausgewogenheit der menschlichen Vernunft, die dem Menschen die Fähigkeit verleiht, die grundlegenden Gesetze zu verstehen. Diese Deutungen erhalte ich aus den Buchstaben des Wortes selbst. Die andere Erklärung des Geistes ist nun die folgende: Das ist die Erscheinung seines Wesens. Nehmt z.B. das Licht, das von oben nach unten kommt: Das ist Der Heilige Geist. Wir wissen nicht, was die Sonne ist; die Gelehrten sagen, sie sei 92 Milionen Kilometer von der Erde entfernt; mag sein, wir wissen es nicht; es ist aber durchaus möglich, daß es in dieser Berechnung einen Unterschied von einigen Milionen Kilometern gibt. Würden wir es nachprüfen wollen, wäre es fraglich, ob wir die Sonne in diesem Punkt finden, den die Gelehrten bestimmt haben. Und das Innere der Sonne? - Das ist eine tiefe Philosophie! Einige sagen, es sei flüssig, andere glauben, es sei fest. Das eine wie das andere wird schon richtig sein. Aber vom Licht, das auf uns niederstrahlt, haben wir schon eine genauere Vorstellung, weil wir sehen, was von der Sonne zu uns hinuntergeht und für unsere Augen die ganze Erde mit all ihren Gegenständen und Wesen offenbart. Das Licht ist der Heilige Geist, der aus der Sonne heraus zu uns hinunterkommt und in einer direkten Beziehung zu unserem Leben steht. Der Heilige Geist gleicht den Sonnenstrahlen. Gott kann auf keine andere Weise zu uns herabkommen, weil, würde Er es tun, Er, der der Sonne ähnlich ist, so würde alles, was wir um uns herum sehen, zerschmelzen; alles würde zu Staub und Asche werden oder gar in den gasförmigen Zustand zurückkehren. Darum sagt Gott: „Ich werde nicht hinuntergehen, sondern Meinen Geist durch den Raum schicken, damit Er den Menschen meinen Segen bringt!“ Deswegen will Gott nicht zu uns hinabsteigen, sondern schickt stattdessen Seinen Geist - das Licht. Der Heilige Geist besitzt schöpferische Fähigkeiten, und diese sind es, die in uns aufbauen. All das, was wir besitzen, verdanken wir Ihm. Diese vernünftige Kraft, in der sich Gott äußert, versuchen die gelehrten Menschen in der Form von Gesetzen, Kräften, Verwandschaft unter den Elementen usw. zu fassen - sie geben ihr verschiedene Namen. Aber es ist ein vernünftiges Wesen, das arbeitet; Der Geist ist es, Der die Gesetze erläßt.

Der Geist steht in direkter Verbindung mit unserer Seele. Gerade durch die Vorgänge, die sich in unserer seelischen Welt abspielen, bekommen wir einen Begriff von Seinem Ursprung. Ohne Seele hätten wir keine Vorstellung vom Heiligen Geist. Die Seele mit ihrer Denkweise stellt in uns die göttliche Welt dar. Wenn es in uns etwas Göttliches gibt, dann ist es diese leuchtende Seele, die denkt. Wir sollten sie meinen, wenn wir vom Menschen sprechen. Trennt die vernünftige Seele vom Menschen ab, und es bleibt nichts mehr zurück, als ein vierbeiniges Tier; er würde sich in nichts von ihm unterscheiden: Er würde essen, schlafen und auch sonst alle Bedürfnisse und Schwächen eines Tieres haben. Der Geist offenbart sich in der Seele des Menschen. Deswegen geht der Mensch im Unterschied zu den anderen Lebewesen aufrecht. Warum die anderen Lebewesen nicht aufrecht gehen? Weil sie mit Gott im Widerspruch stehen. Der Umstand, daß sie auf vier Füßen gehen, zeigt, daß ihr Wille mit der Erscheinung Gottes im Gegensatz steht. Vielleicht werden noch tausend Jahre vergehen, bis sie die Stufe des jetzigen Menschen erreicht haben, bis sie sich erheben und aufrichten. Wir haben uns verhältnismäßig weit erhoben und streben danach, uns noch weiter zu erheben, weil wir uns Gott nähern und mit Ihm in Übereinstimmung sein wollen: Es besteht ein Wunsch in uns, den göttlichen Weg zu gehen. Wenn wir Irrtümer begehen, begehen wir sie nicht des Bösen wegen, sondern aus anderen Gründen, die in unserer Vergangenheit liegen.

Man sagt nun, daß Der Heilige Geist jedem zum Nutzen angeboten wird; aber worin besteht dieser Nutzen? Das Wort "Nutzen" selbst hat einen Inhalt: Weil wir alle zum Nutzen arbeiten. Der Arbeiter pflegt zwar den Weinberg, aber er erwartet auch, daß man ihm einen Tageslohn von 2-3 Lewa ausbezahlt; die Frau tut einiges für ihren Mann, aber sie erwartet von ihm auch etwas zu Ostern, zu Weihnachten, zu den großen Festen, für den Sommer. Jeder arbeitet immer nur für den Nutzen. Einige denken, daß das Leben ideal sei; was verstehen sie unter einem idealen Leben? Ich verstehe ideales Leben auf diese Weise: Harmonie und Eintracht in allen Beziehungen! Einige wollen im Himmel leben, aber wo ist der Himmel? Unter dem Wort "Himmel" verstehe ich einen Zustand, in dem vollständige Ordnung herrscht, und in dem die Menschen ihre Pflichten untereinander erfüllen. Jemand will sich weiterentwickeln, aber du bist ihm hinderlich, du hältst ihn auf, ihm deine Gesetze aufzwängend, anstatt zu erkennen, daß du Pflichten ihm gegenüber hast. Das Kapitel des Evangeliums, das ich euch vorlas, zeigt, wie unsere Beziehungen aussehen sollen. „Zum Teil steht aber auch etwas Widersprüchliches darin!“, werdet ihr vielleich einwenden. Ein russisches Sprichtwort besagt schließlich: „In der Unordnung gibt es auch Ordnung“. In der Ungehörigkeit gibt es auch Gehörigkeit, kann ich darauf nur antworten.

Ich werde ein Gleichnis anführen, damit ihr versteht, woher die falschen Vorstellungen von den Dingen kommen: Ich gebe z.B. einem Menschen eine Nuß und sage ihm, daß er eine Untersuchung über sie anstellen soll. Er wird eine Untersuchung über ihren Geschmack durchführen, indem er ihre äußere, grüne Schale probiert; er wird die Nuß anbeißen und wegwerfen. Ich gebe einer anderen Person eine Nuß. Dieser Mensch, der schon verständig genug ist, sie vorher zu schälen, entfernt ihre grüne Schale, aber beißt sich an der zweiten Hülle die Zähne aus und wirft die Nuß weg. Ich gebe die Nuß einer dritten Person; sie aber, noch verständiger, schält sie, schlägt mit einem Stein die harte Schale auf, nimmt den Kern heraus und ißt ihn. Wenn wir diese drei Menschen versammeln und ihnen die Frage stellen, was eine Nuß ist, wird der erste sagen, sie sei eine herbe, scharfe und höchstwahrscheinlich auch giftige Frucht; der zweite, sie sei eine harte Frucht, die schlecht für die Zähne ist; der dritte, sie sei etwas Wohlschmeckendes und Gutes. Dieses Gleichnis paßt auf unsere Irrtümer: Alle Dinge dieser Welt haben ihre Schalen, und wenn wir nicht genug Kenntnisse besitzen, werden wir ihr Wesen nie ergründen. Der menschliche Körper braucht Nahrung, aber auch die Vernunft und die Seele brauchen eine Nahrung; das heißt, wir müssen uns zweifach ernähren. Wenn wir sagen, daß es für den Menschen nicht gut ist, sich der Völlerei hinzugeben, sollte dies für Körper, Verstand und Seele in gleicher Weise gelten. Es ist ein aus drei Komponeneten bestehender Kreis, der den Menschen ausmacht. All diese drei Menschen, die sich über die Nuß geäußert haben, sind nicht klug genug. Jener, der die Nuß gegessen hat, glaubt, er sei der klügste. Nein! Ich gebe die Nuß einem Vierten, er nimmt sie, aber anstatt sie zu essen, pflanzt er sie ein, und 10 oder 15 Jahre später bringt diese Nuß viele Tausend Nüsse hervor. Folglich gibt es in der Welt vier Menschentypen, die ihre Weisheiten zum besten geben. Der erste sagt: „Die Welt ist schlecht, abstoßend, es lohnt sich nicht, zu leben!“; der andere sagt: „In der Welt herrscht die Selbstsucht, schlimmer kann es nicht sein!“; der dritte sagt: „Die Welt ist schön und angenehm!“ - Er ist näher an der Wahrheit. Und wer ist der vierte? - Jener, der in die göttliche Schule eingetreten ist und angefangen hat zu lernen, daß man die guten Dinge einpflanzt. Die genaueste Vorstellung des Menschen von der Erde ist, die Erde als eine göttliche Schule zu betrachten, in die er geschickt wurde, um zu lernen, die äußere und die innere Nußschale zu entfernen, und die Nuß nicht zu essen, sondern diese einzupflanzen. Die Eigenarten aller Dingen erkennend, wird er den wahren Sinn des irdischen Lebens finden: Einem Herrn gleich, der seine Knechte zum Weinberg schickt, damit sie arbeiten, und ihnen Brot und das notwendige Werkzeug mitgibt, hat auch Gott dem Menschen das Gehirn als ein Werkzeug mitgegeben. Warum hat Er es ihm gegeben? Um Steine zu brechen und bittere Nußschalen zu essen? Nein, vielmehr mit der Absicht, dem Menschen beizubringen, die Nuß zu pflanzen. Jemand würde sagen: „Wird es mir besser gehen, wenn ich nur Nüsse pflanze? Ich glaube kaum!“ Unter dem Wort "Nuß" müssen wir die guten Gedanken, Wünsche und Taten verstehen, die wir in die anderen einpflanzen können. Diese Arbeit wird euch Wohlstand bringen. Wenn ihr bei der Erfüllung einer eurer Wünsche auf Widerstand stoßt, verliert nicht den Mut und gebt den Wunsch nicht auf: Denn Gott hat einem Gedanken drei, vier Kleider angezogen - mag sein, daß eins euch nicht paßt, das andere wird es aber bestimmt tun. Zieht das unpassende Kleid aus, pflanzt euren Gedanken in einen guten Boden und er wird mit Sicherheit eine gute Frucht hervorbringen. So verstehe ich die Welt. Das Übel ist nur scheinbar; es ist die äußere Schale der Dinge. Die Menschen sind auch nur angeblich böse. Ich sage nicht, daß es keine bösen Menschen gibt, aber ihrem innersten Wesen nach sind sie dennoch nicht böse, weil es unmöglich ist, daß Gott Böses hervorbringt. Das Böse entsteht aus gewissen Beziehungen und Auffassungen, die wir in und von der Welt haben. Zwei Familien wohnen in einem Haus mit vier Zimmern; die eine Familie hat mehr Kinder, die andere - weniger, sie fangen an, sich darüber zu streiten, wer wieviel Zimmer benutzen darf, und auf einmal haben sie sich miteinander verfeindet. Ich frage: Warum dieser Streit um Zimmer? Das ist doch eine so unbedeutende Angelegenheit. Die eine Familie fängt an, über die andere Familie zu sprechen: „Sie sind unvernünftige Menschen!“, und die andere tut das gleiche. Doch in Wirklichkeit sind sie beide unvernünftig, weil ein vernünftiger Mensch niemals streitet. Das Wort "streiten" (auf bulgarisch: "kára") hat eine sanskritische Wurzel: "Kara" bedeutet, in der Dunkelheit zu sein. Menschen, die Augenlicht besitzen, streiten nicht. Eine gewisse Erscheinung in unserem Gehirn trübt unsere Gedanken, wodurch schlechte Wünsche aufkommen. Haben wir klare Gedanken, sind wir bereit, in Frieden und Eintracht zu leben; sobald aber eine Trübung aufkommt, treibt es uns dazu, unsere Beziehung zur Umwelt zu verändern. Das Böse also entsteht aus einer Verdunklung der menschlichen Vernunft. Weil Gott nun weiß, daß auf der Erde eine gewisse Dunkelheit existiert, die einem Schaden zufügt - und Finsternis fügt immer Schaden zu: Wenn wir ununterbrochen in der Finsternis lebten, würden sich all unsere Sinne, Augen, Ohren usw. zurückbilden wie bei gewissen Fischen, die unterseeische Höhlen bewohnen und dadurch ihre Sehkraft eingebüßt haben, so hat Er Den Heiligen Geist geschickt, damit Er in uns, in unseren Gedanken und Gefühlen, in unseren Körpern wirken kann, damit wir die Dinge verstehen und uns eine rechte Vorstellung von ihnen machen.

Zu allererst müssen wir uns eine rechte Vorstellung von uns selbst machen, das heißt, von unserem Verhältnis zu Gott. Meiner Meinung nach ist die Erde nur eine Schule für die jeweilige menschliche Seele. Wenn es in der Welt etwas Wirkliches gibt, dann ist es sie. Manche Leute fragen sich: „Was bin ich?“ - Ich bin das, das denkt, das fühlt und wünscht. Und jeder Gedanke, jedes Gefühl und jeder Wunsch hat seine Form. Wenn ihr ein Werkzeug machen wolltet, um damit Menschen umzubringen, wie würdet ihr es aussehen lassen? Ihr überlegt euch, wie es sein soll: Scharf soll es sein, um zu vernichten! Wenn ihr ein Spielzeug für die Kinder macht, wird es spitz und scharf sein? Nein! Ihr rundet und glättet es ab, damit sich die Kinder nicht daran verletzen, denn alle scharfen Dinge fügen Schaden zu. Man sagt von manchen Menschen, sie hätten einen scharfen Verstand; ja, um Krieg zu führen, muß man einen messerscharfen Verstand und Sprengkräfte in sich haben, damit sie zerfetzen können, was sie treffen. Wenn man aber in einer friedlichen Gesellschaft lebt, was für einen Wert und was für einen Nutzen hat ein solch scharfer Verstand? Wenn ihr aber bei einem Krieg einen stumpfsinnigen Menschen an die Spitze stellt, so wäre er fehl am Platz. Wir haben die Ordnung der Dinge durcheinandergebracht: Wir haben die stumpfen Dinge unter die scharfen gebracht und umgekehrt. Ich sage nicht, daß man auf Erden keinen Krieg führen muß; in der Natur beruht der Krieg auf zwei Prinzipien: auf einem zerstörenden und auf einem aufbauenden. Aber bei den beiden gibt es Erschöpfung. Wir erschöpfen uns nicht nur, wenn wir lieben, sondern auch, wenn wir hassen, weil jener, der haßt, Steine bricht, und wenn sich unser Leben im Brechen der Tausende von Steinen erschöpft, was für einen Sinn hat es dann noch für uns? Wenn wir ständig Böses denken, brechen wir ständig Steine. Dem Herrn ist, nebenbei bemerkt, auch diese Tätigkeit recht: Er wird das Produkt unserer Arbeit dazu gebrauchen, glatte Wege zu bauen, und die Leute werden uns indirekt dankbar dafür sein, daß wir die für den Weg nötigen Steine gebrochen haben. Was wir in der Welt auch tun, unsere Arbeit ist in jedem Fall von Nutzen, wenn nicht für uns, so doch zum Nutzen anderer. Im ersten Fall, d. h., wenn wir lieben, tun wir eine bewußte Arbeit, in dem zweiten Fall tun wir eine unbewußte Arbeit und folglich kann der Lohn nicht derselbe sein.

Wenn ihr übrigens wollt, daß sich die göttliche Liebe äußert, muß Der Heilige Geist in euch sein, ihr solltet ihm einen Platz einräumen, damit Er sich äußern kann. Doch Der Geist ist ein sehr feines Wesen; denkt nicht, daß, wenn Er kommt, Er würde laut gegen eure Tür hämmern; nein; Er wird leise an die Tür eures Herzens klopfen, und wenn ihr sie Ihm öffnet, wird Er sofort und gründlich euer Leben verändern, Er wird euch zeigen, wie ihr leben sollt; wenn Er an die Tür eures Willens klopft, wird Er euch sagen, was ihr tun sollt, und daß ihr es bewußt tun sollt. Und wenn ihr Ihm die Tür nicht aufmacht, werdet ihr schon bald begreifen, was ihr verloren habt. Wenn ihr einen Idioten trefft, sollt ihr wissen, daß in der Vergangenheit, als Der Heilige Geist an seiner Tür geklopft hatte, Ihm nicht aufgemacht wurde. Ihr nennt einen Menschen dumm. Warum? Weil Der Geist, als er einst an die Tür seines Verstandes klopfte, abgewiesen wurde. Wenn ein Mensch grausam ist, müßt ihr wissen, daß, als Der Geist an die Tür seines Herzens geklopft hatte, nicht empfangen wurde. Die Grausamkeit ist wie ein Kristall, es gibt in ihm nichts Weiches. Ihr sollt nicht denken, daß es unter den grausamen Menschen nicht manchmal auch gute gibt; doch eine organisierte Gesellschaft ist einfach nicht ihr Lebensraum. Also, wir sollten Dem Heiligen Geist immer einen Platz geben, damit Er uns durchdringt und sich in jedem von uns äußern kann. Manche fordern: „Wir wollen Den Heiligen Geist sehen!“ Das, was ihr um euch herum seht, ist nichts Geringeres, als Der Heilige Geist selbst! Er spricht, aber weil eure Ohren dumpf sind, hört ihr Ihn nicht, es ist genauso, als würde man einem Tauben was erzählen. Ihr wollt hören - nun gut. Dann stellt eure Ohren ein, damit sie auf das reagieren, was Der Heilige Geist ihnen sagt. „Ich will Den Heiligen Geist sehen!“ Schön, aber wenn deine Augen getrübt sind, wie soll es denn klappen können? Das Einzige, was wir in der Welt sehen, ist - ich wiederhole - Der Heilige Geist höchstselbst. Diese Blume, die ich halte - sie ist Der Geist, und wenn ihr sehen könntet, würdet ihr in ihr eine ganze Menschenfigur erkennen. Warum, nun, seht ihr sie nicht? Weil eure Sehkraft begrenzt ist. Ihr seht nur die verdichteten Teile, die unverdichteten seht ihr nicht. Einige Gegenstände sind z.B. rund, nehmen wir wieder die Nuß, aber wenn ihr sie pflanzt, wird dann der Sproß, der aus der Erde wächst, rund sein? Sie wird schon ihr Wesen offenbaren! Um das Wesen der Dinge zu erkennen, müßt ihr sie in den Boden pflanzen. Und wenn ihr diese Blume auf diese Weise pflanzen würdet, werdet ihr sofort erkennen, daß sie ein vernünftiges Wesen ist. Und was sagt euch diese Blume? Wozu ist diese Farbe? Sie zeigt, daß ein Leben ohne Liebe keinen Sinn macht. Seit tausend Jahren sagt sie den Menschen, was sie tun sollen - daß sie lieben sollen, daß der Verstand weder zu scharf, noch zu stumpf sein soll. In manchen Fällen muß er scharf sein, aber wenn ihr unter klugen Menschen seid, ist Scharfsinn unnötig. Wenn ihr unter Feinden seid, muß das Herz hart sein, aber unter Freunden kann es durchaus weich sein. Ihr müßt wissen, wie ihr lieben sollt. Wenn ihr eine Rose nehmt und sie beschnuppert, werden euch vor allem zwei Sachen auffallen: die eine - der angenehme Duft, die andere - die Dornen. Jeder Mensch besitzt Dornen, aber sie stellen natürlich nicht sein Wesen dar. Die Dornen sind für jene Lebenslagen bestimmt, in denen man Krieg führen muß, in denen man sich verteidigen muß, in denen man hart sein muß. Man darf sich nicht mit dem Teufel verabreden; ihm gegenüber müßt ihr die Dornen aufrichten. Aber unter Freunden muß euer Schießpulver feucht sein. Es gibt Zeiten, wo es nötig ist, daß es trocken ist, und andere, in denen ein feuchter Zustand wünschenswert ist. Was macht der Mann, wenn sein Schießpulver trocken ist, und seine Frau jeden Tag Streit sucht? Sobald sie sich verheiratet haben, sollten beide das Schießpulver feucht halten. Für die Welt muß euer Schießpulver trocken sein, auf jeden Fall! Es ist ein Gleichnis, das ich anführe, damit ihr alle Seiten dieser Welt betrachten könnt. Ihr habt Freunde, ihr sagt, daß ihr sie kennt; aber solange ihr nicht die helle und die dunkle Seite eurer Freunde erfahren habt, kennt ihr sie nicht richtig. Ihr wollt immer gütig sein; ihr werdet unter gewissen Bedingungen gütig, und unter anderen - böse sein müssen. Wenn ihr euren Freund zur Weißglut treibt, müßt ihr euch verteidigen können, und um euch zu verteidigen, müßt ihr kämpfen. Wenn ihr gegen einen Feind kämpft, tut ihr eure Pflicht; wenn ihr gegen friedliche oder unbewaffnete Menschen kämpft, tut ihr eine Dummheit. Die Leute sagen: „Das Leben ist ein Kampf!“ Der Mann, nachdem er sich verheiratet hat, sagt auch: „Das Leben ist ein Kampf!“ Gegen wen kämpft er? Gegen seine Frau, und die Frau gegen ihren Mann. Kinder werden geboren, sie hören die Devise: „Das Leben ist ein Kampf!“, und denken sich: „Hm, und gegen wen sollen wir kämpfen? Am besten Brüder gegen Schwestern!“ Sie beginnen mit dem Kampf, geraten einander in die Haare und rennen schließlich weinend zu Mama und Papa. Die Menschen haben eine solche Devise. Über keinen echten Gegner verfügend, bilden sie sich einen solchen heran. - Der Mann kämpft gegen seine Frau, der Bruder gegen seine Schwester, der Pfarrer gegen seine Gemeinde, der Lehrer gegen seine Schüler. Das sind Menschen, die das Leben nicht verstehen. Kampf muß sein, ein Kampf gegen jene Natur, die unterworfen werden muß. Ich verstehe eine solche Handlung, wenn ein Tunnel durch einen felsigen Berg getrieben werden muß, aber solche Methoden in einer organisierten Gesellschaft anzuwenden, ist schon sehr befremdlich. Es zeigt, daß die Menschen ihre Verbindung mit Dem Heiligen Geist, die Aufgaben, die Er ihnen stellt, nicht verstehen.

Der Apostel Paulus beschreibt in dem gelesenen Kapitel, was für eine Beziehung es sein soll. Sicher werdet ihr bemerkt haben: „Die Welt besteht doch aus Tausenden von Beziehungsgeflechten!“ Das schon, aber wir sollten uns nur an jene halten, die für uns günstig sind. So müssen wir z.B. wissen, was für eine Beziehung das Wasser zu uns hat. Wenn wir es in den Magen gießen, ist die Auswirkung günstig; wenn wir es aber in die Lungen einlaufen lassen, wird sie weniger gut sein. Wenn wir Luft in die Lungen einführen, ist es für uns günstig, führen wir sie in den Magen ein, wird das Ergebnis gerade umgekehrt sein usw.. Die Dinge stehen in Beziehung zu bestimmten Körperteilen. Wir müssen wissen, wo der Platz des Wassers, wo der der Luft, der des Lichts, des Schalls, des Geruches usw. ist. Ihr werdet sagen: „Wir wissen diese Sachen: die Augen brauchen das Licht und die Ohren - den Schall!“ - Ja, es ist so. Versteht ihr aber den tieferen Sinn des Lichtes? Was sagt ihr morgens, wenn die Sonne aufgeht? „Ha, die Sonne ist aufgegangen!“ Wenn jemand sagt: „Der Lehrer kommt!“, was verstehen die Schüler darunter? Alle fangen an, sich zu bewegen, nehmen ihre Büchlein und setzen sich auf ihre Plätze. Sobald die Sonne aufgegangen ist, sollte jeder von uns sein Büchlein nehmen und sagen: „Der Heilige Geist-Lehrer kommt!“, sich auf seinen Platz setzen und sich fragen, was er an diesem Tag tun soll. Die Sonne sagt: „Ich werde euch anhören, ihr werdet mir antworten, ich werde euch unterrichten, und ihr werdet mich unterrichten!“ Das ist die Bedeutung des Sonnenaufgangs. Würden wir jeden Tag das Programm, das uns Der Geist aufgestellt hat, erfüllen, würde das Leben sehr angenehm sein. Ihr sagt aber: „Die heutige Sonne gleicht der gestrigen - sie geht ja auf die gleiche Weise auf!“ Nein! Ich habe noch nie in meinem Leben weder zwei gleiche Tage noch zwei gleiche Sonnenaufgänge gesehen; jeder Tag unterscheidet sich von dem anderen und jeder hat sein eigenes Programm. Das Licht, das ankommt, ist auch nicht immer das gleiche; es unterscheidet sich von dem der anderen Tage. Eben darin besteht die Größe Des Heiligen Geistes, Der uns unermeßliche Reichtümer und unsichtbare Welten offenbart und nicht zuletzt: Das Wesen Gottes. Er ist etwas wahrhaft Großes. Ihr trefft einen Freund und er fragt euch: „Was hältst du eigentlich von Ivan?“ - Ivan ist 1.50 oder 1.65 Meter groß, hat dichte, buschige Augenbrauen, schwülstige Lippen, er liebt das Essen und das Trinken. Doch das ist nicht wichtig. Es kommt der Tag, da lernt ihr ihn lieben und für euch sind seine äußeren Unvollkommenheiten verschwunden; ihr fangt an, in ihm etwas anderes zu sehen. Ihr nehmt die erste Nußschale ab und seht seinen Verstand. Wenn ihr die Nuß pflanzt, wird die eine Hälfte der Nüsse euch gehören, die andere Hälfte ihm. Wenn ihr sie aufeßt, was für einen Nutzen zieht ihr dann daraus? Ihr tut damit weder euch noch Ivan einen Gefallen. Wenn Der Geist kommt, sagt Er, daß ihr jeden Tag noch bessere Gedanken und noch bessere Wünsche säen sollt. Ihr trefft einen Freund und er sagt irgendwann: „Ich weiß nicht, was ich sagen soll!“ Ihr wißt, die Leute lieben es, viel zu schwatzen und ihr wißt nicht, was ihr sagen sollt, oder ihr redet viel, aber nicht über jenes, was ihr braucht. Zuerst sollt ihr den Nußbaum pflanzen und nachdem ihr ihn gepflanzt habt, könnt ihr reden, soviel es euch beliebt. Bevor ihr ihn gepflanzt habt, sollt ihr nicht reden. Jener, der den ganzen Tag geschuftet hat, kommt nach Hause zurück und sagt: „Habe gearbeitet, bin müde, habe Hunger!“ Das Sprechen zeigt gewisse Beziehungen auf, die zwischen uns und unseren Handlungen bestehen. Das Erste, das ihr jeden Tag tun sollt, ist, euch die Frage zu stellen: „Was soll ich heute einpflanzen?“ Wenn ihr einen Nußbaum pflanzt, wird er euch nach einiger Zeit Reichtümer in Hülle und Fülle bringen. Diese Parabel würdet ihr verstehen, wenn ihr zurückgeht, genauso wie ihr in jene Welt zurückgeht, aus der ihr gekommen seid; dann werdet ihr merken, was für einen großen Nutzen jene guten Wünsche und Gedanken haben, die ihr gesät habt, die Wohltaten, die ihr eurem Nächsten, Freunden, Frau und Kind erwiesen habt. Jetzt liegen diese Sachen für euch noch im Dunkeln. Ein anderes Beispiel: Ihr sagt euch: „Den Sohn, den ich jetzt aufziehe, wer weiß, ob er einmal für mich sorgen wird?“ „Ich sorge für ihn, damit er mich pflegt, wenn ich alt werde!“ Spekuliert nicht darauf, daß er euch pflegen wird, wenn ihr alt werdet. Denn es ist auch möglich, daß ihr gar nicht alt werdet; ihr könnt Abschied nehmen noch bevor es überhaupt nötig wird, euch zu pflegen. Die Mutter sagt: „Hätte ich bloß eine Tochter, damit sie mich im Alter pflegt!“ Dies ist eine sehr falsche Auffassung vom Leben. Erzieht die Kinder und erwartet nichts für euch selbst. Wenn ihr in ihnen eine gute Nuß gepflanzt habt, werden sie euch nicht nur pflegen, sondern auch lieben. Wenn eine Mutter von ihren Kindern nicht geliebt wird, zeigt das, daß sie die Kinder nicht richtig erzogen hat. Das Erste also, was ihr tun müßt, damit die Kinder euch lieben, ist, vom Heiligen Geist geleitet, den Kindern beizubringen, was Liebe ist.

Ich werde meinen Vortrag mit einem Gleichnis abschließen. Es gibt drei Verhältnisse, die wir einordnen müssen. In dieser Welt gibt es Gott, es gibt uns, und es gibt die Gesellschaft. Manche stellen sich selbst an erster Stelle mit den Worten: „Ich, danach die Gesellschaft, und am Ende Der Herrgott!“ Das ist eine völlig falsche Reihenfolge. Andere sagen: „Zuerst die Gesellschaft: Ich lebe für mein Volk, dann komme ich, und schließlich Der Herr!“ Das ist auch eine schlechte Lösung. Wieder andere sagen: „Erst Gott, Der Herr, Der Heilige Geist, danach ich, die vernünftige Seele, die zuerst Ihm, dann der Gesellschaft, und schließlich sich selber dienen soll!“ So stimmt die Reihenfolge. Jede andere Auflösung wird sich früher oder später als falsch erweisen. Alle Irrtümer entstehen aus folgendem Grund: Wir wissen nicht, ob die Gesellschaft der Kopf ist oder wir. Wenn wir auf einem Körper drei Köpfe stellen, wird sich nichts bewegen! Ständig wird Unstimmigkeit darüber bestehen, welcher Weg gegangen werden soll. Manchmal ringt ihr mit euch selbst, wißt nicht, wie ihr entscheiden sollt; dies zeigt, daß ihr drei Köpfe besitzt; haut zwei von ihnen ab, und laßt Den Herrn euer Haupt sein. Jedes Ding muß an seiner Stelle sein. Fragt euch nun, wer euer Haupt ist. Wenn ihr sagt, daß es Der Herr ist, würde ich mich freuen. Stellt Den Herrn an die Spitze. Wißt ihr, was für einen Zustand ihr erreichen werdet? Es wird in euch kein Zögern, keine Angst, kein Zittern mehr geben, ihr werdet einen starken Willen haben, ihr werdet mutige, entschlossene, kluge und gute Menschen werden. Ihr werdet in jeder Hinsicht reich; was ihr auch in die Hand nehmt, es wird zu Gold werden. Manche haben Angst vor dem Geld; nur die Dummen haben Angst vor ihm. Warum? Weil sie schwach und wankelmütig sind! Ihr wißt, was die Überlieferung von dem gerechten Jona erzählt - daß er Würmer besaß und als er sie einem Bettler schenkte, wurden die Würmer zu Goldstücken. Wenn ihr wie Jona seid, wird der Wurm, den ihr gebt, zu Gold. Ihr tut oftmals den Würmern unrecht, denn sie leisten eine ausgezeichnete Arbeit; die gegenwärtige Welt verdankt ihnen viel. Wenn Der Herr sie in die Hand nimmt und sie euch gibt, werden sie zu Goldstücken. Und aus was für einem Gold diese Münzen sind, die euch Der Herr gibt! Ihr gewinnt Wissen und Erfahrung. Eine kluge Frau, die schmutzige Wolle hat - was macht sie mit ihr? Sie wäscht sie, spinnt sie, und webt ein Tuch; die dumme hingegen, wenn sie die Wolle so schmutzig daliegen sieht, wirft sie weg. Wieviele Male hat auch Der Herr euch Seinen Geist geschickt und ihr habt Ihn weggeworfen?

Was verlangt die Regel? Wenn ihr abends nach Hause zurückkommt, sollt ihr euren Rucksack ablegen und mit ihm die ganzen Geschäfte; ihr sollt frei ins Zimmer eintreten, so, als ob es für euch keine Geschäfte in der Welt gäbe, und sagen: „Ich danke Dem Herrn für das, was Er mir gegeben hat!“; eßt gut und dankt Ihm noch einmal. Nehmt am nächsten Morgen, wenn ihr aufsteht von neuem den Rucksack oder die Aktenmappe, und geht an die Arbeit. Doch was machen wir? Wir kommen abends nach Hause zurück, gehen mit einem schwer gefülltem Rucksack zu Bett und werfen uns die ganze Nacht hin und her. Der Geist sagt noch: „Nehmt euren Rucksack ab, das hier ist nicht sein Platz!“ Wir setzen uns an den Tisch, um zu essen, aber fühlen uns schon vor dem ersten Bissen schwer - kein Wunder, schließlich tragen wir eine gewichtige Last am Körper. Wir sollten ihn zuerst abnehmen, und dann erst anfangen zu essen. Das ist die Botschaft Des Geistes. Manche Leute haben gesündigt; laßt diese Frage draußen, im Vorzimmer. Weiß Der Herr denn nicht, daß die Menschen sündig sind? Werden wir die Welt in Ordnung bringen? Es gibt bereits Jemanden, Der dafür zuständig ist. Abends, wenn wir nach Hause zurückkehren, sollten wir Gott dafür danken, daß Er uns unter sündigen Menschen geschickt hat, denn ihnen haben wir wertvolle Erfahrungen zu verdanken. Wenn wir einen solchen treffen, sollten wir zu ihm sagen: „Du trägst deinen Rucksack ausgezeichnet!“ Er ist ein Sünder, und in diesem Zustand ist er nun mal ein Mensch mit einem Rucksack. Eines Tages wird er von seinem Rücken genommen werden. Jemand ist grob, übellaunig; warum? Weil er nicht den Rucksack von seinem Herzen abgenommen hat. Ein anderer kann nicht denken. Warum? Laßt ihm den Rucksack von seinem Verstand nehmen und dann wird er auch gut denken.

Ich werde nun ein Beispiel anführen und abschließen: Es bestehen zwei Extreme, zwei Gegensätze im täglichen Leben, die wir immer in Betracht ziehen sollten: Das Gute und das Böse - zwei Gegenpole, die äußersten Berührungspunkte des irdischen Menschenlebens. Einst hatte ein König zwei Töchter; die ältere war schön und schlank, aber hatte ein sehr unflätiges Mundwerk; die jüngere hatte zwar ein gutes Herz, aber dafür ein sehr häßliches Gesicht. Wegen dieser äußeren, bzw. inneren Mängel, wollte sich niemand von den im Umkreis wohnenden Fürstensöhnen mit ihnen verheiraten. Der Vater, um die Zukunft seiner Töchter besorgt, weil er sonst ohne Thronfolger bliebe, entschloß sich, eine Versammlung der weisesten Menschen seines Reichs einzuberufen, damit sie ihm einen Weg aus dieser ausweglosen Lage zeigen. Der älteste und weiseste von ihnen gab folgenden guten Ratschlag: „Du,“ sagte er zu dem König, „wirst ein Rasthaus zum Nutzen aller erbauen und die ersten beiden jungen Männer, die es betreten, sollen deine vom Schicksal bestimmten Schwiegersöhne werden!“ Der Gute hoffte, daß sich das Schicksal angesichts seiner weißen Haare mit ihm erbarmt und ihm Männer aus vornehmen Königshäusern schickt. Als das Rasthaus endlich gebaut und eröffnet wurde, waren die ersten Besucher tatsächlich zwei junge Männer, aber zum großen Erstaunen des Vaters war der eine blind und der andere taub. Verwirrt rief der König den alten Weisen herbei und fragte ihn: „Was hat das zu bedeuten? Der eine ist blind, der andere taub! Wie wir die Sachen in Ordnung bringen, weiß ich beim besten Willen nicht!“ Der Weise antwortete: „Ich sage dir folgendes: Den Tauben mußt du mit deiner schönen Tochter verheiraten und den Blinden mit der häßlichen!“ Der König folgte diesem Rat und in der Tat wurden beide Ehen glücklich: seinen Töchtern ging es gut. Nach einiger Zeit aber fingen die Schwiegersöhne an, sich innerlich ihrer Gebrechen zu schämen. Der, der taub war, zuckte, während seine Frau ihn anschrie und verfluchte, mit den Achseln, und dachte: „So ist es halt, wenn man einen Sinn entbehrt. Ich bin mir sicher, daß sie himmlische Sachen sagt, aber es ist nun mal mein Unglück, daß ich sie nicht verstehen kann! Ich würde alles in der Welt darum geben, könnte ich nur eines ihrer süßen Wörtchen hören!“ Der Blinde seinerseits dachte, während er die kluge und süße Sprache seiner Frau hörte: „Was für ein wunderbares Wesen sie doch ist! Wie schön muß sie erst sein! Aber ich bin blind - das ist das große Unglück in meinem Leben. Ich würde alles drum geben, könnte ich nur für einen kurzen Augenblick die äußere Gestalt dieses göttlichen Schatzes sehen!“ Dieses dringt zu den Ohren des Königs, und er ruft den alten Weisen herbei und bittet ihn zu sagen, ob das Schicksal seiner beiden Schwiegersöhne irgendwie verändert werden kann, so daß sie von ihren Gebrechen erlöst werden. Der ehrwürdige Greis sagte: „Ich könnte es, aber ihr Glück und ihre Seligkeit auf Erden würden empfindlichen Schaden nehmen!“

Wenn Gott dich mit der schönen Königstochter verbunden hat, und dir das Gehör entsagte, sollst du es nicht bedauern. Genieß ihr Äußeres und sei ihr dankbar. Du darfst ihre Worte nicht hören wollen, um nicht zu verbittern und in einem Widerspruch zu dir selbst zu geraten. Zwei Güter an ein und derselben Stelle zu versammeln, ist unmöglich. Wenn Gott dich mit der häßlichen Königstochter zusammengeführt hat und dir die Sehkraft, die vorübergehenden Illusion des irdischen Lebens, verwehrt hat, danke ihm noch einmal. Genieß ihre gute, süße Sprache; wünsche nicht, ihr Äußeres zu sehen, weil du auch das, was du hast, verlieren wirst. Das Gute ist nicht immer mit einem königlichen Mantel angezogen. Das Gute und die Schönheit leben nur im Himmel zusammen. Hier, in dieser Welt ist es so, daß Gut und Böse sich abwechseln. Wenn dich Gott in einem Leben mit dem Bösen verbindet, danke Ihm. Beunruhige dich nicht. Du kennst nicht die tiefen Gründe, die Ihn dazu bewogen haben, das zu tun. Wisse aber, daß die Absicht gut ist. Mit der Zeit wirst du die große Liebe des Himmels erkennen. Wenn er dich in einem anderen Leben mit dem Guten verbindet, danke Ihm und wünsche dir nicht, einen königlichen Mantel anzuziehen, um dich an deinem Äußeren zu ergötzen. Versuche nicht, das Gute und das Böse in dir zu versöhnen: Es ist unmöglich! Das alles wird dir gegeben, damit du dir die Tiefen des Lebens, die Intensität des Wirkens vom Heiligen Geist bewußt machst. Deine Gebrechen werden entfernt, wenn sich dein Herz völlig öffnet, Der Heilige Geist kommt, und deine Seele sich mit Ihm vereinigt.

(Gehalten am 20. April 1914 in Sofia)

 

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